Der Hund im Wachstum

Im Gegensatz zum Menschen haben Hunde nur rund 1 Jahr Zeit für ihr Wachstum. Deswegen ist es in dieser Phase sehr wichtig, Aufzucht- und Fütterungsfehler zu vermeiden, da für eine Korrektur der Diät oder des Gelenkproblems kaum Zeit bleibt. Skelettfehler hingegen behindern einen Hund meist ein Leben lang.

Grosse Hunderassen wachsen anders als kleine Hunderassen

Riesenrassen sind erst mit 14 bis 18 Monaten erwachsen, die kleinen Rassen hingegen schon mit 12 Monaten. Die Körpergrösse eines Hundes ist genetisch vorgegeben. Es ist also ein Märchen zu glauben, dass ein Hund besonders gross und kräftig wird, wenn man ihn als Welpe grosszügig und mit vielen Nahrungszusätzen füttert. Er wächst dann zwar schneller und erreicht somit seine Endgrösse früher, doch man tut dem Hund damit keinesfalls einen Gefallen.

Das Ziel eines jeden Züchters und Besitzers sollte sein, seinen Hund seine ausgewachsene Körpergrösse in einer gesunden Geschwindigkeit, also eher langsam erreichen zu lassen. Dazu wird der Hund bewusst nicht überfüttert. Trotzdem gibt es eine Phase, in welcher der Hund besonders schnell wächst.

Schnellste Grössenzunahme vom 3. bis 6. Lebensmonat

Die rascheste Grössenzunahme findet vom 3. bis 6. Lebensmonat statt. Diese Phase stellt deshalb die grössten Herausforderungen an den Körper, aber auch an die korrekte Haltung und Fütterung.

Bei Riesenrassen kann für die Entwicklung des Körpergewichtes folgende Faustregel beachtet werden: nach 6 Monaten sollten 60% des Endgewichtes auf der Waage sein. Bei kleineren Rassen ist es bereits etwas mehr, wie die obige Abbildung ebenfalls aufzeigt.

Das Muttertier würde eigentlich instinktiv dafür sorgen, dass der Welpe die richtig zusammengestellte und richtig dosierte Ration bekommt. Da die Welpen jedoch schon früh entwöhnt werden, übernehmen Züchter und Besitzer die Verantwortung für Futter und Bewegung.

Die richtige Futtermenge – Kontrolle mit der Waage

Bei den auf den Futtersäcken angegebenen Rationsgrössen handelt es sich immer um grobe Empfehlungen. Die richtige Futtermenge ist von Hund zu Hund unterschiedlich und kann von den Empfehlungen auf dem Futtersack abweichen. Beim wachsenden Hund sollte die angegebene Rationsgrösse jedoch nicht überschritten werden. Leckerlis, Kauknochen etc. welche der Hund zusätzlich bekommt, müssen in diese tägliche Ration mit einberechnet, bzw. abgezogen werden. Im Zweifelsfall soll der Hund eher etwas mager gehalten werden, damit sein Wachstum nicht zu schnell verläuft. Eine Kontrolle mit Hilfe der Waage ist sehr zu empfehlen.

Die Folgende Abbildung zeigt anhand von drei unterschiedlichen Endgewichten grob auf, mit welchen täglichen Gewichtszunahmen zu rechnen ist.

Tägliche Gewichtszunahme am Beispiel von drei unterschiedlich grossen Hunden

Abbildung 2: Gewichtszunahme pro Tag (g/Tag) bei drei unterschiedlich grossen Hunden (Endgewicht) im Verlaufe der ersten 12 Lebensmonate (m)

Bei grossen Hunden und Riesenrassen kann es nicht schaden, sich die Wachstumskurve  sowie die tägliche Gewichtszunahme des eigenen Hundes von einer Fachperson ausrechnen zu lassen, um die Gewichtszunahme genauer kontrollieren zu können.

Über- und Unterversorgung vermeiden

Die heute erhältlichen kommerziellen Futter sind alle korrekt zusammengestellt. Es braucht keine Zusätze. Bei schnell wachsenden Hunden grosser Rassen ist ein spezielles Welpenfutter sehr empfehlenswert. Dieses setzt den Calciumbedarf in das richtige Verhältnis zum Energiegehalt des Futters.

Wenn Futterrationen selbst zusammen gestellt werden, wie zum Beispiel bei BARF, empfiehlt es sich sehr, sich diese von einer Fachperson in Bezug auf Rationsgrösse und Inhaltstoffe ausrechnen zu lassen. Im anderen Fall ist die Gefahr von einer Über- oder Unterversorgung zu gross. Dieses Risiko sollte besonders in der Entwicklungsphase nicht eingegangen werden.

Bedeutendste Fütterungsfehler im Wachstum

Die beiden bedeutendsten Fütterungsfehler im Wachstum sind die Überfütterung und die Gabe von zu viel Calcium. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass genau in der Phase des raschen Wachstums zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat die Ursachen für viele wachstumsbedingte Skeletterkrankungen zu suchen sind.

2 bis 4 Monate später sind die Folgeschäden bereits feststellbar: Knorpeldefekte, ungleiches Knochenwachstum, ungenügende Aufnahme von Vitaminen oder Überfluss an Futterinhaltsstoffen. Sie werden als Lahmheit, verkrümmte Vorderbeine, Gelenkseinschränkungen oder wackeliger Gang bei Hunden im Alter von 6 bis 10 Monaten erstmals festgestellt. Die Hüftgelenkdysplasie (HD) kann so entstehen.

Die Folgen von zu viel Futter

Die Überfütterung führt zu einer rasanten Skelettentwicklung. Die Muskulatur und das Kreislaufsystem sind dann nur noch teilweise in der Lage, den Bedürfnissen des Tieres nach Bewegung und Belastung nachzukommen. Es kommt zu einem Missverhältnis von Muskelmasse und Skelett. Zudem kann die überaus rasche Grössenzunahme bei paarigen wachsenden Knochen (wie zum Beispiel Elle und Speiche) zu so genannten Gelenkstufen führen. Eine dieser Folgeerkrankungen ist die Ellbogendysplasie (ED).

Die Folgen von zu viel Calcium – Vorsicht vor dem 5. Lebensmonat

Hohe Calcium-Zufuhren wurden wissenschaftlich genau untersucht. Bewiesen ist, dass überdosiertes Calcium zu Knochen- und Knorpelumbaustörungen und entsprechender Verdickung dieser Gewebe führt. Damit wird die Ernährung dieser Schichten im Gelenk kritisch, es kommt zum Gewebeuntergang und zur Loslösung von Knorpelstücken. Diese Erkrankung wird Osteochondrose genannt.

Die Calcium-Aufnahme in den Körper wird durch Vitamin D geregelt und limitiert. Dieser Mechanismus reift erst nach dem 5. Lebensmonat. Deswegen sind hohe Calcium-Gaben wie zum Beispiel durch Knochenmehl oder andere Spezialpräparate sehr schädlich, wenn sie vor dieser Zeit gegeben werden und praktisch ungehindert vom Körper aufgenommen werden. (Die lang verbreitete Meinung, dass hohe Eiweissgaben schädlich seien, wurde hingegen widerlegt. Auf der anderen Seite reduzieren zu tiefe Eiweissgaben die Infektionsabwehr.)

Das Körpergewicht bleibt wichtig – auch beim erwachsenen Hund

Bis der Hund 18 Monate alt ist, sollte sein Gewicht auf jeden Fall an der unteren Grenze gehalten werden. Selbstverständlich muss auch nachher darauf geachtet werden, dass der Hund kein Übergewicht mit sich trägt. Dazu sollten die Rippen immer gut abtastbar sein. Für eine Gewichtsreduktion ist es wichtig zu wissen, dass diese zu 90% über reduziertes Futter und nur zu 10% über gesteigerte Aktivität stattfindet. Zudem wäre es überaus ungünstig, mit einem übergewichtigen Hund stundenlang am Fahrrad zu gehen, da sein Skelett dadurch massiv überlastet würde.

Das richtige Mass für die Bewegung

Doch nicht nur die richtige Ernährung ist verantwortlich für eine optimale Entwicklung eines jungen Hundes. Die Bewegung, bzw. die Belastung von Gelenken, Muskeln etc. muss ebenfalls dem Alter des Hundes angepasst werden. Es gilt also, für Spaziergänge, Spielzeiten und anderen Aktivitäten den Entwicklungsstand des Hundes zu berücksichtigen.

Grundsätzlich gilt, dass jedes Training bzw. jede Aktivität (sei es auch nur das Spazieren) nur langsam gesteigert werden sollte um den jungen Gelenkapparat nicht zu überfordern. Oft überschätzen sich die Welpen oder merken aus lauter Übermut gar nicht, dass sie eigentlich genug haben. Hier ist es die Aufgabe des Besitzers das richtige Mass zu finden und für genügend Ruhepausen zu sorgen.

Für Ausdauer-Hobbies auf den erwachsenen Hund warten 

Joggen oder Radfahren sollte man erst mit dem ausgewachsenen Hund und auch hier dürfen die Routen den Hund nicht überfordern und sollten in kleinen Schritten gesteigert werden. Lange Wanderungen sollte man dem Hund erst zumuten, wenn er ausgewachsen ist.

Folgeschäden sind irreversibel

Für Hundehalter ist es besonders wichtig zu verstehen, dass die Folgeschäden von Fütterungsfehlern oder unangemessener Bewegung in der Regel leider irreversibel bzw. nicht mehr rückgängig zu machen sind. Es ist daher während der gesamten Wachstumsphase auf die oben erwähnten Punkte zu achten. Der Ratgeber Empfehlungen für die Ernährung und Bewegung des heranwachsenden Hundesgibt weitere Auskunft.

Fazit:

In der Wachstumsphase des Hundes werden wichtige Weichen für seine Gesundheit gestellt. Die Folgeschäden von zu schnellem Wachstum oder falscher Ernährung sind in der Regel irreversibel. Die Körpergrösse jedes Hundes ist genetisch vorgegeben und sollte möglichst langsam erreicht werden. Die körperliche Auslastung sollte dem Entwicklungsstand des Hundes angepasst werden. Es lohnt sich für das ganze Hundeleben.

Quelle: Dr. med. vet. ECVS Daniel Koch